Die Greta in mir

Ist das nicht ein Wahnsinn? Da kommt ein sechzehnjähriges Mädel daher und Massen an Leuten fallen auf die Knie, als ob ihnen ein Heiland erschienen wäre. Da wird unverfroren Schule geschwänzt und dieser Gesetzesverstoß wird sogar von höchster Regierungsstelle nicht nur geduldet, sondern zu einer Heldentat erklärt. Es hieß, die Kinder, die da in Hamburg demonstriert haben, hätten einen Haufen Müll hinterlassen, den später die natürlich viel weniger umweltbewußten Mitarbeiter der Stadtreinigung und die Anwohner wegräumen mußten. Genau da zeigt sich für mich das ganze Dilemma dieser,

ich nenne es mal, Farce. Was interessiert schon das Detail, wenn es um die große Sache geht! So ist das eben mit Ideologien. Die Einstellung muß stimmen bzw. die Haltung, wie man neudeutsch sagt. Und wenn die stimmt, dann kann der eigene Dreck ruhig zu Boden fallen. Ist doch marginal. Kritik überdies unerwünscht. Anstrengung zu groß. Für sowas gibt es schließlich Zuständigkeiten. 

Die Leute, die dazu erzogen wurden, ihren Dreck und sogar auch noch den anderer Leute wegzuräumen, um ihr Umfeld in Ordnung zu halten, sind doch eigentlich nur jämmerliche Spießer. Die begreifen einfach nicht, dass grade die Welt den Bach runtergeht und maulen rum, weil für eine gute Sache die Schule geschwänzt werden muß und dass vor lauter Verantwortung für den Planeten gar keine Zeit vorhanden ist, sich nach dem schnöden Elementarmüll zu bücken. Keine Lust. Vielleicht wäre es korrekter formuliert mit kein Gespür. Verwöhnte arbeitsscheue Jugend! schimpfen die vermeintlichen Spießer, die aber, und das sollte man dabei schon noch im Hinterkopf behalten, am Zustand unserer jungen Leute ganz ordentlichen Anteil haben. Oder sind’s nur die Medien, die das verzapft haben? Oder der technische Fortschritt? Vielleicht das Internet? Ja klar, das Internet und die Smartphones, die sind daran schuld! Genau. Aber das ist bereits wieder ein anderes Thema.

Auf den Gedanken, dass hinter dieser enorm gepushten Greta-Kampagne ganz andere Dinge stecken könnten, kommen leider die Wenigsten. Und schon gar nicht die propagandistisch mißbrauchten Schulschwänzer. Über diese Thematik kann man sich, so man will und Muse hat, auch mal in den alternativen Medien informieren. Genau da, wo nicht nur die Einheitstexte von AFP, DPA und Co. eiskalt kopiert, sondern auch mal richtig journalistisch neugierige und kritische Fragen gestellt werden. Auch das ist schon wieder ein anderes, wenngleich sehr interessantes Thema. 

Worum es mir hier geht, ist einerseits die Frage, ob ich entweder immer sensibler gegen den an Straßenrändern und sonst noch überall herumliegenden Abfall werde, oder ob es wirklich immer mehr wird und meine Wahrnehmung tatsächlich noch richtig funktioniert. Am meisten regt mich das zu Silvester auf, wenn die Feuerwerksenthusiasten nicht nur auf der Straße herumböllern (,wo die "Zuständigen" hernach ganz gut maschinell reinigen können), sondern mit ihren Dreckschleudern noch weit in Wiesen und Äcker vordringen, ganz abgesehen davon, dass die Raketen sowieso querfeldein fliegen. Und ich habe noch nie jemanden aufräumen gesehen. Ich schwöre! Macht keiner. Von eventuellen Ausnahmen vielleicht abgesehen. Im günstigsten Fall schafft es dann die Stadtreinigung, also die "Zuständigen", auf den befestigten Flächen, also ihrem "Zuständigkeitsbereich", klar Schiff zu machen, wenn, ja wenn vorher kein Wintersturm drüber geht und alles davon wirbelt. Die Säuberung der Feld- und Wiesenflächen bleibt an den Eigentümern hängen oder es bleibt meist sowieso alles liegen, wird schließlich durch Mähtechnik zerkleinert oder eingeackert. Ab in die Nahrungskette. Wohl bekomm’s!

Apropos Nahrungskette. Schaut Euch zum Beispiel mal in der Umgebung von Fastfood-Restaurants um. Warum nur sind die Leute so desinteressiert und rücksichtslos, dass man den Eindruck bekommt, als würden die Fresstempel im Windschatten einer Deponie liegen? Warum tun die Müllerzeuger nichts wirksames dagegen? Großkotzige Werbung  für ungesunde Nahrung, aber keinen Pieps an die fettgefütterte Kundschaft, doch bitte, bitte nicht gleich alles hinter dem Drive-In aus dem Fenster zu werfen. Sicher macht so ein kleines cooles Icon die werte nahrungstechnisch verirrte Gefolgschaft auf diesen Umstand aufmerksam. Das war’s aber auch schon. 

Oder nehmen wir ein drittes Beispiel her: Ist doch alles noch gar nix gegen die Bauwirtschaft. Guckt Euch mal eine Baustelle und deren Umgebung richtig an. Was da zu Boden geht oder der Wind wegbläst. Dämmstoffreste und -späne, Folien, huiiii, weg sind sie. Weg eben gerade nicht, sondern woanders.

Ja, was regt er sich auf wegen dem bissel Silvester- und Fastfoodmüll! Ist doch fast alles Papier, Pappe und Glas. Nee, isses eben nicht. Und das Zeug von den Baustellen schon gleich gar nicht. Und es hat alles nichts in der Botanik zu suchen. Es ist die Prinzipfrage, die mich umtreibt: Wenn wir es hier im aufgeklärten und technisch hochgerüsteten Deutschland nicht schaffen, unseren Dreck selber einzusammeln oder am besten gleich zu vermeiden, was regen wir uns dann über die armen Länder auf? Wieso schaffen wir das hier nicht? 

Wer sind die Leute, die da so hirnlos oder vielleicht sogar boshaft unsere Umwelt sabotieren? Brauchen wir vielleicht jetzt noch eine Müll-Greta, eine Plaste-Greta, eine Reifenabrieb-Greta, eine Mikrofaser-Greta, eine Medikamente-nicht-in-das-Wasser-gelangen-lassen-Greta und all die vielen weiteren Abfall- und Emissions-Gretas? Und wann wollen all diese Gretas dann mit unseren Kindern demonstrieren, wo die Woche doch nur 5 Schultage hat. Und wie blöd sollen die Kinder dadurch werden, dass sie nur noch ihren Götz*Innen hinterherrennen, anstatt etwas Vernünftiges zu lernen? Nur mal zum Beispiel, wie man es technisch hinbekommt, für alle Verpackungen Material aus gefahrlos abbaubaren Substanzen zu entwickeln. Dazu braucht man umfangreiche Kenntnisse in Naturwissenschaften. Da hilft keine Genderideologie und kein Schuleschwänzen. Beides macht nämlich ziemlich doof. 

Und für wie blöd halten uns eigentlich Staatsmedien und Politiker, dass sie der Meinung sind, wir würden solch einer Greta-PR-Aktion auf den Leim gehen? Wie wäre es denn, wenn mal jeder in seinem Umfeld ein paar Anstrengungen (mehr) unternimmt, der sinnlosen Vermüllung unseres gesamten Lebens entgegenzutreten. Ganz bestimmt funktioniert das nicht mit solch fragwürdigen Panikveranstaltungen wie die der ferngesteuerten Schwedin. Und vor allem funktioniert das nicht sehr lange und nachhaltig, wenn wir es zulassen, dass die Industrie unseres Landes weiter hemmungslos kaputt gespielt wird. Denn irgendwann und in gar nicht so ferner Zukunft ist unsere Wirtschaft und damit auch unser Einfluß am Boden und keiner nähme Notiz davon, wenn wir trotz allem weiter versuchten, mit gutem Beispiel voranzugehen. Wir sollten doch vernünftig agieren und uns von niemandem verrückt machen lassen. „Maßhalten“ hat Ludwig Erhard mal gesagt. Und wenn er das auch in anderem Zusammenhang forderte, mir gefällt dieser Slogan! Kurz und knackig auf den Punkt gebracht.

Ja, die Welt verändert sich. Und einen mehr oder weniger großen Anteil daran hat der menschliche Einfluß. Ich kann mir jedoch beim besten Willen nicht vorstellen, dass die, die es nicht mal schaffen, in ihrem eigenen Umfeld und auf ihren Wegen Ordnung zu halten, bei der Weltrettung sonderlich erfolgreich sein werden. Die sind mir einfach zu oberflächlich, zu aktionistisch. Die machen sich einen schönen Freitag und alle anderen machen die Arbeit. So läuft das aber nicht. Fangt erst mal unten an, Ihr Demonstrateure! Macht erst mal Dienst an der Scheuerleiste, damit Ihr beurteilen könnt, was an dem, das Ihr da so prinzipiell einfordert, alles dranhängt. Ist bissel anstrengend und man bekommt vielleicht dreckige Hände. Aber auch ein ganz klein wenig die Genugtuung, wirklich etwas getan zu haben. Und geht Euren Freunden mit gutem Beispiel voran. Ist natürlich altmodisch und langwierig, aber funktioniert auf Dauer. Und es bringt auch was. Jedenfalls mehr als Schuleschwänzen. Am besten, Ihr notiert Euch gleich den 13. April, 09.00 Uhr: Aktion Saubere Zschone (Treffpunkte im Veranstaltungsplan unter Aktuell/Kalender).

So, jetzt muß ich meiner Frau helfen, den aufgesammelten Müll von der Coventrystraße aus dem Auto zu räumen. Sie konnte sich das nämlich nicht mehr länger ansehen und hat ihn einfach aufgelesen und mit nach Hause gebracht, die Ärmste. Tja, und ich hab derweil diesen Artikel geschrieben. Da komm ich mir doch jetzt irgendwie schon fast vor wie die Greta. 

 

Text: Wolfgang Isegrimm

31.03.2019

   

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